Asyl, subsidiärer Schutz und Bleiberecht

Was ist ein Asylantrag?

Jeder Mensch darf in einem Land um Schutz bitten.
Du bittest um Schutz, das bedeutet: Du bittest um Asyl.
Du gehst in Österreich zur Polizei und sagst: Ich bitte um Asyl.
Das ist dein Asylantrag.
Die Polizei muss nur verstehen, dass du in Österreich Asyl bekommen möchtest.

Was ist Asyl (§ 3 AsylG)?

Asyl ist Schutz vor Verfolgung.
Du bekommst Asyl. Das bedeutet: Du darfst 3 Jahre lang in Österreich leben (“befristetes Aufenthaltsrecht für 3 Jahre”).
Du bekommst eine blaue Karte. Auf der blauen Karte steht, dass du Asyl in Österreich hast.
Du darfst in Österreich arbeiten.
Du möchtest in andere Länder reisen? Stelle einen Antrag für einen Konventionsreisepass. Achtung: Mit diesem Pass kannst du überall reisen, aber nicht in dein Heimatland.
Was passiert nach 3 Jahren?

  1. Österreich prüft, ob du weiter Schutz brauchst.
  2. Österreich kontrolliert, ob du eine schwere Straftat begangen hast. Dann kann Österreich dein Asyl
    beenden.

Du brauchst weiter Schutz und du hast kein Verbrechen begangen? Dann bekommst du ein “unbefristetes Aufenthaltsrecht” und kannst für immer in Österreich leben und arbeiten.

Wieso bekommt ein Mensch Asyl?

Ein Mensch bekommt Asyl, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen.
Achtung: Alle zwei Voraussetzungen müssen zusammen vorliegen.
Die zwei Voraussetzungen sind:
Asyl bekommen Menschen, die in ihrem Heimatland aus einem bestimmten Grund verfolgt werden. Und: Asyl bekommen Menschen, die in ihrem Heimatland individuell verfolgt werden.

“Aus einem bestimmten Grund verfolgt” bedeutet: Du wirst verfolgt aus einem von 5 Gründen. Die Gründe sind:

  • Ethnische Gruppe
    Zum Beispiel: Du gehörst zu einer Ethnie. In deinem Land ist diese Ethnie eine verfolgte Gruppe (Zum Beispiel: Jeziden, Kurden, Rohingya). Du wirst persönlich verfolgt oder bist in Gefahr, weil du zu dieser Ethnie gehörst.
    Achtung: Deine Volksgruppe wird allgemein verfolgt? Das ist kein Asylgrund. Du musst selbst persönlich in Gefahr sein.oder
  • Religion
    Zum Beispiel: Du kommst aus einer muslimischen Familie. Du möchtest nicht mehr Muslim sein. Oder: Du möchtest Christ/Katholikin werden.
    Du weißt, dass du in deinem Land deswegen verfolgt wirst.oder
  • Nationalität
    Zum Beispiel: Du gehörst zu einer Minderheit aus einem anderen Land. Deswegen will dir dein Land keinen Pass geben und verfolgt dich. Oder: Deswegen hilft dir die Polizei nicht.oder
  • Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
    Zum Beispiel: Du bist homosexuell (Mann liebt Mann. Oder: Frau liebt Frau). In deinem Land werden homosexuelle Menschen verfolgt.
    Anderes Beispiel: In deinem Land werden Frauen zu FGM gezwungen (Beschneidung der Klitoris, weibliche Genitalverstümmelung).Oder
  • Politische Überzeugung
    Zum Beispiel: Du kritisierst die Regierung in deinem Land. Du sagst deine politische Meinung und wirst deswegen verfolgt.
    Anderes Beispiel: Du nimmst an einer Demonstration teil. Die Polizei glaubt, dass du eine bestimmte Partei oder einen bestimmten Politiker unterstützt. In Wirklichkeit unterstützt du diese Partei/Politiker gar nicht.
    Wenn du in dein Land zurückkehrst, wirst du deswegen verfolgt.

“Individuell verfolgt” bedeutet:
Der Staat verfolgt dich. Das bedeutet: In deinem Heimatland wirst du gesucht. Du bist in Gefahr. Vielleicht von der Polizei oder einer Miliz oder einem Beamter oder von anderen staatlichen Behörden.
Beispiel 1: Du kritisierst die Politik deiner Regierung und kommst ins Gefängnis und wirst misshandelt.
Beispiel 2: Du sollst für die Armee oder eine andere Gruppe kämpfen. Du möchtest nicht kämpfen aber man zwingt dich.
Beispiel 3: Du kannst dich nicht kleiden, wie du willst.
Beispiel 4: Du darfst nicht selbst aussuchen, wen du heiraten willst.
Beispiel 5: Du darfst nicht in die Schule gehen. Du gehst aber in die Schule. Deswegen bist du in Gefahr.

Vielleicht wirst du nicht vom Staat verfolgt (also: von der Polizei, der Miliz oder anderen).
Aber: Du wirst von einer privaten Person bedroht und der Staat kann dich nicht beschützen.
Zum Beispiel: Dein Nachbar bedroht dich. Du gehst zur Polizei, aber die Polizei kann dich nicht beschützen.
Zum Beispiel: Dein Ehemann oder deine Ehefrau ist eine Gefahr für dich. Die Polizei hilft dir nicht.

Achtung Für Asyl muss beides zusammenkommen: Der bestimmte Grund. Und, dass dich persönlich jemand aus diesem Grund verfolgt.

Was ist subsidiärer Schutz (§ 8 AsylG)?

Es kann sein, dass du kein Asyl bekommst.
Trotzdem kann es für dich zu gefährlich sein, in dein Herkunftsland geschickt zu werden.
Dann bekommst du subsidiären Schutz.
Du bekommst subsidiären Schutz, dann kannst du 1 Jahr in Österreich leben. Du bekommst eine befristete Aufenthaltsberechtigung. Du bekommst eine graue Karte. Diese Karte ist dein Identitätsausweis.
Du darfst arbeiten. Du kannst einen Fremdenpass beantragen. Mit dem Fremdenpass kannst du reisen. Aber: Du darfst nicht in dein Heimatland fahren!
Österreich kann deinen subsidiären Schutz verlängern. Du musst den Antrag auf Verlängerung stellen, bevor dein subsidiärer Schutz zu Ende geht. Sprich mindestens 2 Monate vorher mit deinem Anwalt.

Was ist ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen? (Bleiberecht)

Du bekommst kein Asyl und keinen subsidiären Schutz? Aber du bist sehr gut in der österreichischen Gesellschaft integriert? Vielleicht kannst du trotzdem in Österreich bleiben. Dazu sagt man oft “Bleiberecht”.
Österreich prüft, wie gut du “integriert” bist:

  • Wie lange lebst du schon in Österreich?
  • Hast du eine Familie in Österreich? Welches Aufenthaltsrecht hat deine Familie? Hat deine Familie erst während des Asylverfahrens begonnen?
  • Arbeitest du?
  • Hast du österreichische Freunde?
  • Sprichst du gut Deutsch?
  • Bist du in einem Verein? Nimmst du an der Gesellschaft Teil?
  • Hast du gerichtliche Strafen bekommen? Hast du in Österreich Gesetze gebrochen?
  • Wie wäre deine Situation in deinem Herkunftsland? Hast du dort Familie? Könntest du dort wohnen und arbeiten?

Erstbefragung

Was ist die Erstbefragung?

Du stellst bei der Polizei einen Asylantrag. Die Polizei wird mit dir sprechen. Dieses Gespräch heißt “Erstbefragung”. Die Polizei fragt dich:

        • Was ist dein Name?
        • Wann wurdest du geboren?
        • Was ist deine Nationalität?
        • Wie bist du nach Österreich gekommen?
        • Warum bist du aus deinem Land weg gegangen?

Die Polizei fragt nur kurz, warum du Asyl möchtest. Das kannst du später noch genauer in deinem Interview sagen.

Du sprichst in deiner Sprache. Die Polizei spricht Deutsch.
Ein Dolmetscher oder eine Dolmetscherin hilft, damit ihr euch versteht.
Achtung Du verstehst die Dolmetscherin nicht? Dann sag das der Polizei. Du musst eine Dolmetscherin/einen Dolmetscher haben, den du verstehst. Du kannst eine andere Dolmetscherin bekommen. Das ist dein Recht.

Du sprichst, die Polizei schreibt alles auf Deutsch auf. Das Papier heißt “Niederschrift”.
Die Erstbefragung ist zu Ende. Die Dolmetscherin muss die Niederschrift in deiner Sprache für dich vorlesen. Du sagst, ob alles stimmt.
Etwas ist falsch? Dann sag: Das ist falsch, ich will eine Korrektur.
Etwas fehlt? Dann sag: Ich habe es gesagt aber es steht hier nicht.
Achtung In der Niederschrift muss alles richtig sein. Das ist dein Recht.

Du musst die Niederschrift unterschreiben.
Alles ist richtig? Dann unterschreibe.
Etwas ist falsch? Etwas fehlt? Dann schreibe es dazu. Warum? Du wirst später ein wichtiges Interview haben. Dort werden alle Dinge kontrolliert, die in der Niederschrift stehen.

Die Polizei macht für dich eine Kopie von der Niederschrift. Vielleicht vergisst die Polizei die Kopie. Sag: ich möchte bitte eine Kopie. Das ist dein Recht.

Unterkunft

Ich bin im Asylverfahren. Wo kann ich wohnen?

Zuerst wohnst du in einer der beiden Erstaufnahmestellen. Dort untersucht dich ein Arzt oder eine Ärztin. Du hast Schmerzen? Du fühlst dich krank? Sag es dem Arzt!

Vielleicht wartest du ein paar Stunden, vielleicht wartest du einige Monate.
Dann wirst du in eine andere Unterkunft (Haus, Wohnung) gebracht. Du kannst nicht frei wählen, wo du wohnst.
In der Unterkunft wohnst du, so lange dein Asylverfahren läuft.
Für Familien gibt es spezielle Wohnungen.
Für Frauen, die alleine sind, gibt es spezielle Wohnungen.
Für Menschen mit Behinderungen gibt es spezielle Wohnungen.
Für Menschen, die alleine sind und jünger als 18 Jahre alt sind gibt es spezielle Wohnungen.

Achtung
Jeder Mensch bekommt einen Meldezettel vom Meldeamt. Deine Adresse steht auf dem Meldezettel. Es ist wichtig, dass auf dem Meldezettel deine richtige Adresse steht.
Du bist umgezogen? Deine Adresse ist neu? Gehe sofort zum Meldeamt und sag deine richtige Adresse. Du bekommst einen neuen Meldezettel.

Warum ist die richtige Adresse auf dem Meldezettel so wichtig?
Du hast vergessen, dem Meldeamt deine neue Adresse zu sagen. Dann schickt das BFA einen Brief an deine alte Adresse. Du bekommst den Brief nie. Oder du liest den Brief zu spät, du gehst nicht zu einem Termin. Das ist sehr schlecht.
Kontrolliere jeden Tag deine Post.

Ich möchte in der gleichen Stadt wohnen wie meine Familie. Ist das möglich?

Ja. Sag im Erstaufnahme-Zentrum Bescheid.
Sag: Ich möchte mit meiner Familie wohnen.

Ich möchte in der gleichen Stadt wohnen wie meine Freunde. Ist das möglich?

Vielleicht. Aber: Du hast kein Recht darauf. Auf Freundschaften muss die Behörde keine Rücksicht nehmen.

Achtung
Du möchtest umziehen? Dann informiere vorher die Behörde!
Die Behörde erlaubt nicht, dass du woanders wohnst? Dann musst du bleiben.
Die Behörde sagt nein und du ziehst trotzdem um? Dann bekommst du keine Grundversorgung mehr.

Zulassungsverfahren / Dublin

Was ist das Zulassungsverfahren?

Österreich prüft, ob dein Asylverfahren in Österreich gemacht wird. Österreich prüft, ob dein Asylantrag in Österreich zugelassen wird. Das Gesetz dazu heißt “Dublin Verordnung”.
Im Zulassungsverfahren wird geprüft:

  • Hast du einen Ehemann oder eine Ehefrau oder Kinder unter 18 Jahre in Europa?
  • Sind deine Eltern oder andere Familienmitglieder in Europa? Was ist ihr Status? Haben sie schon Schutz oder befinden sie sich im Asylverfahren?
  • Bist du mit einem Visum oder einem Aufenthaltstitel eingereist?
  • Wo bist du das erste Mal in ein Land der Europäischen Union (EU) gereist? Wurde dein
    Fingerabdruck genommen? Du reist in die EU, dann werden manchmal deine Fingerabdrücke genommen. Deine Fingerabdrücke werden in einer Datenbank gespeichert. Alle Länder der EU können in die Datenbank schauen. Auch Österreich kann in diese Datenbank schauen.
  • Bist du jünger als 18 Jahre und bist du ohne deine Eltern nach Österreich gekommen? Dann gelten besondere Regeln für dich. Hier bekommst du Informationen speziell für dich.

Was ist das Dublin-System?

Das “Dublin-System” sagt: In der EU kann nur ein Land dein Asylverfahren machen. Du kannst nicht frei wählen, welches Land dein Asylverfahren macht.
Du darfst nur in einem Land einen Asylantrag stellen.
Du kannst nur in einem Land ein Asylverfahren haben.
Du kannst nur in einem Land Asyl bekommen.

Ich habe eine Einvernahme im Zulassungsverfahren. Was passiert da?

Österreich will prüfen, ob du in ein anderes EU-Land geschickt wirst. Deswegen wirst du vom BFA zu einer Einvernahme eingeladen. Deine Rechtsberatung muss mit dir hingehen und dich unterstützen.
Ein Dolmetscher oder eine Dolmetscherin übersetzt das Gespräch. Das ist dein Recht.
Alles was du sagst, wird aufgeschrieben. Das heißt “Niederschrift”.
Die Niederschrift wird in deiner Sprache vorgelesen. Du kannst korrigieren. Du kannst sagen, was noch dazu geschrieben werden muss. Das ist dein Recht.
Du darfst eine Kopie der Niederschrift mitnehmen. Bitte um eine Kopie. Das ist dein Recht.

Achtung: Manche Menschen dürfen nicht in ein anderes EU-Land geschickt werden. Das sind Gründe dafür:
Beispiel 1: Du bist schwer krank. In dem anderen Land gibt es für dich keine Ärzte und Krankenhäuser.
Beispiel 2: Du bist schwanger. In dem anderen Land gibt es für dich keine Ärzte und Krankenhäuser.
Beispiel 3: Du bist eine Frau ohne Familie. Es gibt dort keine spezielle Unterkunft für Frauen.
Beispiel 4: Ihr seid eine Familie mit kleinen Kindern. Es gibt dort keine Wohnung für Familien.
Beispiel 5: Du warst in dem Land und die Polizei dort war schlecht zu dir.
Wichtig: Ein Beispiel passt zu dir? Dann sag es in deiner Einvernahme!

Wie kann das BFA im Zulassungsverfahren entscheiden?

Deine Einvernahme (Interview) ist vorbei. Jetzt entscheidet das BFA, ob dein Asylverfahren in Österreich gemacht wird. Du bekommst einen Bescheid.

  • Das BFA sagt: Ja, dein Asylverfahren soll in Österreich gemacht werden.
    Du bekommst eine weiße Karte. Sie ist dein Ausweis. Sie sagt der Polizei, dass du vorübergehend in Österreich bleiben darfst.
    Jetzt prüft Österreich, ob du Asyl bekommst, oder:
  • Das BFA sagt: Nein, dein Asylverfahren soll nicht in Österreich gemacht werden.
    Das BFA sagt, dass du Österreich verlassen musst (“Anordnung zur Außerlandesbringung”).

Das BFA hat entschieden, dass Österreich nicht zuständig ist. Was kann ich tun?

Du kannst die Entscheidung des BFA prüfen lassen. Sprich sofort mit deiner Rechtsberatung. Deine Rechtsberatung schreibt mit dir eine Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entscheidet.

Achtung: In der Beschwerde musst du die aufschiebende Wirkung extra beantragen.
Es kann sein, dass deine Beschwerde keine aufschiebende Wirkung bekommt.
Dann kannst du nach einer Woche jederzeit in das andere, zuständige Land gebracht werden (Überstellung).

Das BVwG sagt: Ja, dein Asylverfahren soll doch in Österreich gemacht werden.
Dein Asylverfahren beginnt.

Das BVwG sagt: Nein, dein Asylverfahren soll nicht in Österreich gemacht werden.
Ein anderes Land macht dein Asylverfahren.
Du kannst freiwillig ausreisen.
Reist du nicht freiwillig aus, kann die
Behörde
dich zwangsweise in dieses Land bringen (Überstellung).

Österreich ist für dein Asylverfahren zuständig?

Das BFA lädt dich zu einer Einvernahme (Interview). Das BFA prüft jetzt, ob du Asyl oder subsidiären Schutz bekommst. Das BFA prüft auch, ob du ein Bleiberecht bekommst.

Einvernahme (Interview)

Was ist eine Einvernahme?

Das BFA braucht Informationen von dir. Das BFA will mit dir über deine Verfolgung und Flucht sprechen. Dieses Gespräch heißt “Einvernahme” (Interview). Du bekommst mit der Post eine Einladung zur Einvernahme.

Wann bekomme ich die Einladung zum Interview (Einvernahme)?

Es kann lange dauern, bis du vom BFA zur Einvernahme eingeladen wirst.
Das BFA muss jeden Asylantrag von jedem Menschen einzeln genau prüfen. Das ist sehr schwierig.
Du musst lange warten? Es ist alles okay. Mach dir keine Sorgen. Hab Geduld.

Wie kann ich mich auf die Einvernahme vorbereiten?

Denke deine Fluchtgeschichte genau durch. Vom Anfang bis zum Ende. Alle Details sind wichtig. Du wirst viele Fragen dazu beantworten müssen.
Zum Beispiel:
Wie haben die Orte geheißen, wo du gelebt hast?
Wie hat es dort ausgesehen?
Was genau ist vor deiner Flucht passiert?
Wie heißen die Personen, vor denen du geflüchtet bist?
Alle Details sind wichtig!

Eine Rechtsberatung kann dir bei der Vorbereitung helfen.
Hier kannst du kostenlos Rechtsberatung bekommen:

Wer ist bei der Einvernahme dabei?

  • Du
  • Referent oder Referentin
  • Dolmetscher oder Dolmetscherin
  • Manchmal: Rechtsberatung, Anwalt
  • Vertrauensperson.

Der Referent des BFA leitet das Interview.
In dem Interview musst du alles sagen, was in deinem Heimatland passiert ist. Du musst deine Verfolgung erzählen. Du musst erklären, warum du in Gefahr bist.
Hast du sexuelle Gewalt erlebt und bist deswegen geflüchtet? Dann musst du das erzählen.
Du möchtest nur von einer Frau befragt werden? Sag: Ich möchte eine Referentin!
Du möchtest nur von einem Mann befragt werden? Sag: Ich möchte einen Referenten!
Das ist dein Recht.

Der Dolmetscher ist neutral. Er darf dir nicht helfen. Er darf dem Referenten nicht helfen.
Er hilft, damit die Kommunikation funktioniert.
Du verstehst den Dolmetscher nicht? Dann sag das dem Referenten.
Du musst einen Dolmetscher haben, den du verstehst. Du kannst einen anderen Dolmetscher bekommen. Das ist dein Recht.

Du hast einen rechtlicher Vertreter oder einen Anwalt oder eine Rechtsberaterin?
Diese Person darf mitkommen und die ganze Zeit im Interview dabei sein.

Du darfst eine Vertrauensperson mitnehmen. Das ist eine Person, der du vertraust. Ein Freund. Eine Helferin. Es darf nur eine Person mitkommen, du kannst frei wählen. Die Person soll positiv für dich sein. Die Person soll dich unterstützen. Aber die Person darf im Interview nichts sagen und keine Frage stellen. Sie muss schweigen und ruhig sein.

Achtung Du nimmst eine Vertrauensperson mit zur Einvernahme. Später kann dieselbe Person dem Referenten nichts über deine Verfolgung sagen. Sie kann keine Zeugin mehr sein.

Das BFA soll sehen, dass du österreichische Freunde hast? Es soll sehen, dass du integriert bist? Du kannst zu Beginn sagen: Die Vertrauensperson kann erklären, dass ich gut integriert bin. Ich möchte, dass das BFA dieser Person Fragen zu meiner Integration stellt.

Alle Menschen, die beim Interview dabei sind müssen sich an ein Gesetz halten: Sie dürfen niemandem sagen, was du im Interview gesagt hast. Sie müssen darüber schweigen.
Das bedeutet: Du kannst sicher sein. Nur die Menschen, die dabei sind wissen, was du im Interview gesagt hast. Niemand außerhalb wird es wissen.

Wie funktioniert die Einvernahme?

Der Referent fragt. Der Dolmetscher sagt alles in deiner Sprache. Du antwortest. Der Dolmetscher sagt alles auf Deutsch. Der Referent schreibt alles auf Deutsch genau in die Niederschrift.

Zuerst fragt der Referent, wer du bist (z.B. Name, Geburtsdatum, Familie).
Der Referent fragt:

  • Wie ist deine Situation im Heimatland?
  • Auf welchem Weg bist du nach Österreich gekommen?
  • Was machst du in Österreich?

Dann fragt der Referent ganz genau:

  • Warum bist du geflüchtet? Erzähle deine Geschichte möglichst genau.
  • Wie haben die Orte geheißen, wo du gelebt hast?
  • Wie hat es dort ausgesehen?
  • Was genau ist vor deiner Flucht passiert?
  • Wie heißen die Personen, vor denen du geflüchtet bist?

Sag alle Details. Das ist wichtig für die Entscheidung über deinen Asylantrag.
Erzähl alles, was du sagen möchtest. Du hast viel Zeit.

Der Referent schreibt alles auf.
Dein Referent will alles genau verstehen und wird viele Fragen stellen.
Du weißt eine Antwort nicht? Sag: Ich weiß es nicht.
Bitte erzähl die Wahrheit. Du kennst deine Geschichte, du erzählst sie richtig.
Du kannst sagen: Ich möchte eine Pause machen. Du kannst sagen: Ich brauche etwas zu trinken.
Du sollst alles erzählen. Denn: Alles, was du im Interview sagst, ist für den Asylantrag wichtig.

Das BFA wird dir später einen Bescheid schicken. Dort steht die Entscheidung. Danach kannst du keine neuen Details sagen.
Wichtig: Deswegen musst du alles im Interview erzählen. Danach kannst du nichts mehr dazu sagen.

Das Interview ist zu Ende. Der Dolmetscher erzählt die Niederschrift in deiner Sprache. Er muss jeden Satz sagen. Danach musst du die Niederschrift unterschreiben.
Kontrolliere genau, ob alles stimmt. Kontrolliere genau, ob nichts fehlt.
Etwas ist falsch in der Niederschrift? Dann unterschreibe die Niederschrift nicht. Sag: Ich möchte eine Korrektur. Das ist dein Recht.
Jeder Satz in der Niederschrift ist richtig und deine ganze Geschichte steht dort? Dann kannst du es unterschreiben.

Ich verstehe den Dolmetscher nicht gut.

Du verstehst den Dolmetscher nicht? Dann sag das dem Referenten. Du musst einen Dolmetscher haben, den du verstehst. Du kannst einen anderen Dolmetscher bekommen. Du kannst das Interview beenden und sagen: Ich bitte um einen anderen Dolmetscher, dann komme ich wieder. Das ist dein Recht.

Du hast Angst vor dem Dolmetscher? Du vertraust dem Dolmetscher nicht? Dann sag das dem Referenten. Du kannst einen anderen Dolmetscher bekommen. Das ist dein Recht.

Du hast gesagt, dass du den Dolmetscher nicht gut verstehst. Das muss in der Niederschrift aufgeschrieben werden. Es steht nicht in der Niederschrift? Dann unterschreibe es nicht. Sag: Es muss korrigiert werden. Die Niederschrift muss richtig sein. Das ist dein Recht.

Die Niederschrift der Einvernahme

Was ist die Niederschrift?

Bei deinem Interview schreibt der Referent alles genau auf. Das nennt man “Niederschrift”. Alles, was du sagst, soll er in der Niederschrift aufschreiben. Später entscheidet der Referent, ob du Asyl bekommst. Er liest die Niederschrift und entscheidet.

Bekomme ich eine Kopie der Niederschrift?

Ja.
Sag: Ich möchte bitte eine Kopie der Niederschrift. Das ist dein Recht.

Warum muss ich die Niederschrift unterschreiben?

Dein Interview (Einvernahme) ist zu Ende.
Der Dolmetscher erzählt die Niederschrift in deiner Sprache. Er muss jeden Satz sagen. Kontrolliere genau, ob alles stimmt. Kontrolliere genau. Es fehlt etwas? Dann unterschreibe die Niederschrift nicht. Sag: Ich möchte eine Korrektur.
Jeder Satz in der Niederschrift ist richtig und deine ganze Geschichte steht dort? Dann unterschreibe die Niederschrift. Du musst auf jeder Seite unterschreiben. Damit sagst du: Alles stimmt. Alles steht da.

Du kannst die Niederschrift später nicht ändern. Du kannst später nichts dazu schreiben. An dem Tag muss alles stimmen.

Ich will nicht unterschreiben.

Du denkst: Die Niederschrift ist falsch.
Dann sag es dem Referenten!

Du denkst: Der Dolmetscher hat mich falsch verstanden.
Dann sag es dem Referenten!
Der Referent soll in die Niederschrift schreiben, dass die Niederschrift für dich falsch ist.
Vielleicht versteht der Referent dich nicht. Vielleicht denkst du die Niederschrift ist nicht ganz richtig.
Dann sag: Ich kann die Niederschrift nicht unterschreiben.
Du musst genau sagen, warum nicht. Deine Begründung muss aufgeschrieben werden.
Du musst nicht unterschreiben.

Ich habe die Niederschrift unterschrieben. Aber die Niederschrift ist falsch. Wie kann ich es korrigieren?

Es ist sehr schwierig.
Wenn du unterschrieben hast, sagst du damit: Es stimmt.
Du kannst eine “Stellungnahme” schreiben. Dort erklärst du, was in der Niederschrift nicht stimmt. Schreibe auch, wieso dir der Fehler erst jetzt auffällt.

Du bekommst deinen Asylbescheid. Jetzt kannst du eine Beschwerde machen und die falsche Niederschrift bekämpfen. Aber es ist schwierig.

Beweismittel, Gegenstände und Dokumente

Auf meiner Ladung steht, ich soll “Beweismittel, Gegenstände und Dokumente” zu meiner Einvernahme mitnehmen. Was bedeutet das? Wofür brauche ich Beweismittel?

Beweismittel werden manchmal auch Gegenstände und Dokumente genannt.
Ein Beweismittel kann alles sein, was deine Geschichte unterstützt.
Vielleicht hast du für einzelne Teile deiner Geschichte Beweise. Das ist natürlich besonders gut und hilfreich.
Zum Beispiel: dein Pass, andere Ausweise, Arbeitsverträge, Zeugnisse, Fotos, Videos, Briefe oder Rechnungen.
Andere Dinge, die deine Geschichte belegen, können also auch Beweismittel sein.
Sprich am besten vorher mit deiner Rechtsberatung oder deinem Anwalt oder deiner Anwältin. Sie überlegen mit dir, welche Gegenstände und Dokumente geeignet sind.

Nimm diese Beweismittel zu deiner Einvernahme mit.
Du bist dazu verpflichtet, sie deinem Referenten oder deiner Referentin zu übergeben.
Die Beweismittel werden von der Behörde geprüft. Sie bleiben dort.
Deswegen ist sehr wichtig, dass du vorher Kopien machst.
Gib die Beweismittel erst dann der Behörde.
Frage nach einer Bestätigung.

Das BFA sucht Informationen zu deiner Geschichte. Es sucht auch direkt in deinem Herkunftsland.
Das BFA muss dir sagen, was es dabei erfahren hat.
Du denkst: Das stimmt nicht. Oder: Da fehlt etwas.
Sag dem BFA: Etwas ist falsch. Etwas Wichtiges fehlt.

Zum Beispiel:
Du bist eine Frau. Du sollst gegen deinen Willen heiraten. Deswegen bist du aus Afghanistan geflohen. Oder: Du hattest Angst, zu Hause geschlagen zu werden und die Polizei konnte dir nicht helfen. Das BFA muss genau darüber Informationen suchen.
Dann sagt dir das BFA, was es erfahren hat.

Achtung
Zeig der Behörde nur Beweismittel, die echt sind. Ändere nichts an den Beweismitteln.
Deine Beweismittel werden geprüft.
Sind deine Beweismittel nicht echt, kannst du eine Strafe bekommen.

Muss ich meine Dokumente übersetzen lassen?

Nein.
Hast du Dokumente? Bring sie zum BFA mit. Mach vorher Kopien davon.
Zeig die Dokumente vorher deinem Rechtsberater oder deiner Rechtsberaterin.

Was mache ich, wenn sich meine Dokumente im Ausland befinden?

Kann dir jemand deine Dokumente schicken?
Lass sie dir schicken! Hebe den Umschlag auf.
Kann dir jemand nur ein Foto von deinen Dokumenten schicken? Das ist auch gut!

Was mache ich, wenn ich keine Beweismittel habe?

Das ist kein Problem.

Achtung
Manche Asylwerber oder Asylwerberinnen sagen im Verfahren wichtige Sachen nicht, weil sie keine Beweise dafür haben. Das ist sehr schlecht.

Zum Beispiel:
Du bist verheiratet? Du hast deine Heiratsurkunde nicht bei dir?
Sag trotzdem: Ich bin verheiratet.
Sonst kann es später zu Problemen kommen.

Achtung
Versuche nicht Beweise selbst zu machen.
Du kannst eine Strafe bekommen. Und: Das ist sehr schlecht für deine Glaubwürdigkeit.
Besser ist: Erzähle einfach deine Fluchtgeschichte. Auch wenn du keine Beweismittel hast.

Strafen

Was sind Verwaltungsstrafen? Wie wirken sie sich auf das Verfahren aus?

Verwaltungsstrafen bekommst du bei kleineren Verstößen gegen Gesetze.
Zum Beispiel:

  • Du musst Österreich eigentlich verlassen. Du bleibst trotzdem in Österreich.
  • Du fährst mit dem Fahrrad auf dem Gehsteig.
  • Du ziehst um und sagst am Meldeamt nicht Bescheid.
  • Du gehst bei Rot über die Straße.

Du hast eine Verwaltungsstrafe bekommen? Normalerweise musst du eine Geldstrafe bezahlen. Kannst du die Geldstrafe gar nicht bezahlen? Dann musst du für eine bestimmte Zeit ins Gefängnis.

  • Ich kann nur einen Teil der Geldstrafe jetzt bezahlen. Kann ich den Rest erst später bezahlen?
    Sprich mit der Behörde. Frag die Behörde: Kann ich in Raten bezahlen (Ratenzahlung)?
  • Ich kann die ganze Geldstrafe nicht jetzt sofort bezahlen, sondern erst später. Ist das möglich?
    Frag die Behörde: Kann ich eine Stundung bekommen?

Tipp:
Du willst mit dem Bus oder mit der Straßenbahn oder mit der U-Bahn fahren? Du brauchst ein Ticket. Ohne Ticket bekommst du eine Strafe. Das ist sehr teuer.
Hast du eine Strafe bekommen? Bezahl sie sofort. Sonst wird die Strafe noch höher.
Hast du die Strafe nicht bezahlt? Du bekommst eine Verwaltungsstrafe.

Achtung Hast du schon viele Verwaltungsstrafen bekommen? Das kann sich schlecht auf dein Bleiberecht auswirken.

Was sind gerichtliche Strafen? Wie wirken sie sich auf das Verfahren aus?

Gerichtliche Strafen bekommt man bei schwereren Verstößen gegen Gesetze.
Zum Beispiel: Stehlen, Prügeln, Drogendealen, Fälschen von Dokumenten oder Beweismitteln, falsche Aussagen.
Bei gerichtlichen Strafen kommt man oft ins Gefängnis.

Achtung
Bist du noch im Asylverfahren? Hast du eine gerichtliche Strafe bekommen?
Manche gerichtliche Strafen verhindern, dass du Asyl oder subsidiären Schutz in Österreich bekommen kannst.
Gerichtliche Strafen sind auch sehr schlecht für dein Bleiberecht.
Hast du schon Asyl oder subsidiären Schutz bekommen?
Bei manchen gerichtlichen Strafen kann dein Asyl oder subsidiärer Schutz aberkannt werden.

Entscheidung über den Asylantrag (Bescheid)

Wie kann das BFA über meinen Asylantrag entscheiden?

Das BFA entscheidet:

  • Du bekommst Asyl (§ 3 AsylG).
  • Du bekommst nicht Asyl. Aber: Du bekommst subsidiären Schutz (§ 8 AsylG).
    Achtung: Du hast subsidiären Schutz bekommen? Das ist gut.
    Trotzdem: Du kannst eine Beschwerde schreiben, weil du nicht Asyl bekommen hast.
    Du verlierst den subsidiären Schutz nicht.
  • Du bekommst kein Asyl und keinen subsidiären Schutz, aber ein Bleiberecht.
  • Du hast kein Asyl, keinen subsidiären Schutz und kein Bleiberecht bekommen. Du bekommst eine Rückkehrentscheidung.
    Achtung Schreibe mit deiner Rechtsberatung sofort eine Beschwerde an das BVwG.
    Das BVwG prüft die Entscheidung vom BFA.

Warum dauert das Verfahren so lange?

Es gibt viele Gründe, warum ein Verfahren lange dauert.
Der häufigste Grund ist: Das BFA hat zu viel Arbeit. Deswegen müssen viele Menschen warten.
Du musst lange warten? In dieser Zeit kannst du Deutsch lernen.

Rechtsschutz

Ich glaube, dass die Entscheidung vom BFA falsch ist. Kann ich sie prüfen lassen?

Ja. Sprich sofort mit deiner Rechtsberatung. Sie schreibt mit dir eine Beschwerde.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entscheidet.
Du erzählst einem Richter oder einer Richterin noch einmal deine Fluchtgeschichte. Dieses Gespräch heißt “Verhandlung”.
Die Einladung zur Verhandlung bekommst du wieder mit der Post.
Deine Rechtsberatung bereitet mit dir die Verhandlung vor.

Das BVwG hat die Entscheidung vom BFA geprüft. Ich glaube, dass das BVwG nicht Recht hat. Kann ich die Entscheidung vom BVwG noch einmal prüfen lassen?

Vielleicht. In manchen Fällen ist das möglich.
Du brauchst einen Anwalt oder eine Anwältin.
Sprich mit deiner Rechtsberatung.

Wer ist meine Rechtsberatung?

Mit deinem Bescheid bekommst du ein Infoblatt. Es heißt “Verfahrensanordnung”.
Darauf steht, wo du Rechtsberatung bekommst.
Du sollst entweder zum Verein Menschenrechte Österreich oder zur ARGE Rechtsberatung (Diakonie und Volkshilfe) gehen. Du hast das Infoblatt bekommen? Melde dich sofort bei deiner Rechtsberatung!

Zusätzlich kannst du hier kostenlos Rechtsberatung bekommen:

(Sozialberatung)

Ich habe eine Rückkehrentscheidung bekommen. Was ist das genau?

Österreich kann sagen: Du musst zurück in dein Heimatland!
Das nennt man “Rückkehrentscheidung”.
Du bekommst die Rückkehrentscheidung in einem Bescheid mit der Post.
Du bekommst die Rückkehrentscheidung, wenn du kein Asyl und keinen subsidiären Schutz und auch kein Bleiberecht erhalten hast.

Achtung
Du musst die Rückkehrentscheidung erst befolgen, wenn du sie nicht mehr prüfen lassen kannst.

Wann kann ich eine Entscheidung des BFA nicht mehr prüfen lassen?

Du kannst eine Entscheidung nicht mehr prüfen lassen, wenn

  • die Rechtsmittelfrist vorbei ist.
    Du hast meistens nur 2 Wochen Zeit, um die Entscheidung vom BFA prüfen zu lassen. Diese Zeit heißt “Rechtsmittelfrist”.
    Lies die Rechtsmittelbelehrung auf der letzten Seite von deinem Bescheid. Dort steht, wie lange du Zeit für eine Beschwerde hast.

Achtung
Es ist wichtig, wann genau du den Brief bekommen hast. Schreibe dir das Datum auf.
Du warst nicht zu Hause als der Brief gekommen ist? Schreib dir auf, wann der gelbe Zettel in deinem Briefkasten war.
Hebe dir den Umschlag deines Bescheids auf. Nimm ihn zu deinem Rechtsberater oder deiner Rechtsberaterin mit.

Die Rechtsmittelfrist beginnt zu laufen, wenn du das erste Mal die Möglichkeit hast, den Brief abzuholen.
Du holst den Brief erst viel später ab? Die Frist läuft trotzdem schon! Du verlierst wertvolle Zeit. Es ändert nichts am Beginn der Rechtsmittelfrist, wenn du den Brief erst viel später abholst.
Hole ihn deswegen sofort ab. Besprich ihn gleich mit deiner Rechtsberatung.

Außerdem kannst du eine Entscheidung des BFA nicht mehr prüfen lassen, wenn:

  • du einen Rechtsmittelverzicht abgegeben hast. Das heißt, du hast unterschrieben, dass du deinen Bescheid nicht prüfen lassen möchtest.
  • du deine Beschwerde zurückgezogen hast.

Das heißt, dass du zuerst eine Beschwerde erhoben hast. Dann hast du erklärt, dass du doch keine Beschwerde erheben willst.

Ich habe eine Rückkehrentscheidung bekommen. Ich kann sie nicht mehr prüfen lassen. Was passiert jetzt?

Du musst Österreich verlassen.

  • Du kannst freiwillig ausreisen
    Du hast meistens 14 Tage dafür Zeit.
    Du bekommst Hilfe. Das nennt man Rückkehrhilfe.
    Zum Beispiel: Dein Flugticket wird bezahlt.
    Sprich mit der Rückkehrberatung.
  • Du reist nicht freiwillig aus
    Du hast eine Rückkehrentscheidung bekommen? Und: Du reist nicht freiwillig aus?
    Du kannst abgeschoben werden.
    In manchen Fällen kann auch Schubhaft verhängt werden.

Familie

Ich habe einen Asylantrag gestellt. Jetzt warte ich auf die Entscheidung. Kann ich meine Familie nach Österreich holen?

Nein. Bevor du eine Entscheidung über deinen Asylantrag bekommen hast, kannst du deine Familie nicht nachholen.
Sag dem BFA trotzdem, wer zu deiner Familie gehört. Sag auch, wo deine Familie lebt.
Sonst ist es ein Problem, sie später nachzuholen.
Sag dem BFA auch, wenn jemand aus deiner Familie in einem anderen Land in Europa ist.

Ich bekomme Asyl und bin jünger als 18 Jahre. Kann ich meine Eltern und Geschwister nachholen?

Deine Eltern können nach Österreich kommen.
Deine Geschwister können nach Österreich kommen. Sie müssen unter 18 Jahre alt und unverheiratet sein.
Deine Eltern und Geschwister müssen zu einer österreichischen Botschaft gehen.
Dort stellen sie einen Antrag auf Familienzusammenführung.
Sie können diesen Antrag gleich stellen, wenn du deinen Asylbescheid bekommen hast.

Ich bekomme Asyl und bin älter als 18 Jahre. Kann ich meine Eltern und Geschwister nachholen?

Nein. Du kannst deine Eltern und Geschwister leider nicht nach Österreich nachholen.

Ich bekomme Asyl und bin älter als 18 Jahre. Kann ich meine Ehefrau oder Ehemann und Kinder nachholen?

Ja. Deinen Ehemann oder deine Ehefrau und deine Kinder können nach Österreich kommen.
Sie müssen zu einer österreichischen Botschaft gehen.
Dort müssen sie einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen.
Deine Kinder müssen bei diesem Antrag unter 18 Jahre alt und unverheiratet sein.

Achtung
Ihr müsst vor deiner Einreise nach Österreich geheiratet haben.
Achtung
Es ist wichtig, den Antrag auf Familienzusammenführung möglichst bald zu stellen. Du hast Asyl bekommen? Sag deiner Familie, sie sollen gleich zur österreichischen Botschaft gehen!

Es ist schon länger als 3 Monate her, dass du Asyl bekommen hast? Deine Familie stellt erst jetzt den Antrag auf Familienzusammenführung?
Dann ist es schwieriger. Du musst zusätzliche Voraussetzungen erfüllen, damit sie nach Österreich kommen können:

  • Du brauchst eine Wohnung, in der ihr genügend Platz habt,
  • eine Krankenversicherung und
  • genügend Einkommen: zusätzlich zur Miete musst du ein monatliches Einkommen von
    ca € 1400,- für dich und deinen Ehemann oder deine Ehefrau haben.
    Für jedes Kind kommen noch ca € 140,- dazu.

Das Rote Kreuz oder der Verein EHE OHNE GRENZEN unterstützen dich, wenn du deine Familie nachholen willst.

Ich bekomme subsidiären Schutz, kann ich meine Familie nachholen?

Deine Familie kann nicht gleich nach Österreich kommen. Sie muss drei Jahre warten. Diese drei Jahre Wartezeit beginnen, wenn du deinen Bescheid bekommst.

  • Ich bin nach diesen 3 Jahren noch unter 18 Jahre alt.
    Ich war also, als ich den Bescheid bekommen habe, unter 15 Jahre alt.
    Deine Eltern und Geschwister können nach Österreich kommen.
    Sie müssen zu einer österreichischen Botschaft gehen.
    Dort müssen sie einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen.
    Deine Geschwister müssen bei diesem Antrag unter 18 Jahre alt und unverheiratet sein.
  • Ich bin nach diesen 3 Jahren über 18 Jahre alt.
    Ich war also, als ich den Bescheid bekommen habe, über 15 Jahre alt.

Eltern und Geschwister:
Nein. Du kannst deine Eltern und Geschwister nicht nach Österreich nachholen.

Ehefrau oder Ehemann und Kinder:
Ja. Sie können nach Österreich kommen.
Dein Ehemann oder deine Ehefrau und deine Kinder müssen zu einer österreichischen Botschaft gehen. Dort müssen sie einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen.
Deine Kinder müssen bei diesem Antrag unter 18 Jahre alt und unverheiratet sein.
Achtung Ihr müsst vor deiner Einreise nach Österreich geheiratet haben.
Achtung Du hast subsidiären Schutz bekommen. Du musst zusätzliche Voraussetzungen erfüllen, damit deine Familie nach Österreich kommen kann:

          • Du brauchst eine Wohnung, in der ihr alle Platz habt,
          • eine Krankenversicherung und
          • genügend Einkommen: Zusätzlich zur Miete musst du ein monatliches Einkommen von ca € 1400,- für dich und deinen Ehemann oder deine Ehefrau haben. Für jedes Kind kommen noch ca € 140,- dazu.

Das Rote Kreuz oder der Verein EHE OHNE GRENZEN unterstützen dich, wenn du deine Familie nachholen willst.

Kann ich meinen Verlobten oder meine Verlobte nachholen?

Nein, leider nicht.

Schule, Bildung und Ausbildung

Was ist die Schulpflicht?

In Österreich müssen alle Kinder und Jugendliche 9 Jahre lang zur Schule gehen. Das ist die “Schulpflicht” für alle Kinder und Jugendlichen bis 15 Jahre. Nach 9 Jahren Schule ist die Pflichtschulzeit zu Ende. Dann solltest du einen Pflichtschulabschluss haben.
Du bist über 15 Jahre alt? Dann bist du in Österreich nicht mehr schulpflichtig. Du hast kein Recht auf einen Platz in einer Schule.
Hier findest du eine Übersicht über das Bildungssystem in Österreich.

Ich bin älter als 15 Jahre. Was kann ich machen?

In Wien kannst du einen Basisbildungskurs machen. Im Basisbildungskurs lernst du Deutsch, Lesen, Schreiben, Rechnen und anderes. Das Ziel ist, dass du einen Pflichtschulabschluss machst. Das ist eine große Prüfung. Bildungseinrichtungen helfen dir, damit du deinen Pflichtschulabschluss machen kannst. Danach kannst du eine Lehre machen. Oder weiter in die Schule gehen.
Hier findest du Bildungseinrichtungen, die dich beraten.
Hier findest du eine Übersicht über das Bildungssystem in Österreich.

Ich habe schon die Matura. Kann ich studieren?

Die Bildungseinrichtungen beraten dich, welche Bildungsangebote es in Österreich für dich gibt.
Du bist noch im Asylverfahren? Du kannst in Österreich studieren.
Hier findest du Informationen zum Studieren an der Universität Wien.

Hier findest du Informationen zu anderen Universitäten.

Welche Bildungseinrichtungen gibt es?

Hier findest du eine Übersicht über Bildungseinrichtungen in Österreich.

In Wien gibt es zum Beispiel:

PROSA – Projekt Schule für Alle!
PROSA bietet Basisbildungskurse an. Jeder Mensch über 16 Jahre kann sie besuchen.
Hier findest du mehr Informationen zu PROSA – Schule für Alle!

StartWien JUGEND COLLEGE
Beim StartWien Jugend College kannst du Deutschkurse und Basisbildungskurse besuchen. Es ist egal, ob du schon Asyl hast oder noch auf dein Interview wartest. Du musst zwischen 15 und 21 Jahre alt sein.
Hier findest du mehr Informationen zum StartWien Jugend College.

Was ist eine Lehre?

Eine Lehre ist eine Ausbildung, in der du einen bestimmten Beruf lernst.
Berufe sind zum Beispiel: Friseur, Augenoptikerin, Koch, Bäckerin.

Ich habe die weiße Karte. Kann ich eine Lehre machen?

Du bist seit 3 Monaten zum Asylverfahren zugelassen? Du bist jünger als 25 Jahre?
Dann kannst du eine Lehre machen. Wenn du einen Lehrplatz hast, bist du Lehrling.

Du kannst in Österreich nur eine Lehre machen, die frei ist. Du kannst dort Lehrling sein, wo es zu wenige Lehrlinge gibt. Du musst auf die “Mangelberufsliste” und in der “Fachkräfteverordnung” schauen, wo ein Platz frei ist.
Hier bekommst du mehr Informationen zur Lehre: Arbeitsmarktservice Österreich (AMS)

Wo kann ich in Wien kostenlos Deutsch lernen?

Sprachencafé
Im Sprachencafé sprichst du mit österreichischen Menschen und lernst Deutsch. Es ist kein Kurs. Du musst dich nicht anmelden, du kannst einfach vorbeikommen.
Hier findest du mehr Informationen.

Caritas Wien – CarBiz
Du bist älter als 16 Jahre, dann kannst du hier einen Deutschkurs besuchen:
Hier findest du mehr Informationen.

Integrationshaus Wien
Hier bekommst du mehr Informationen zu Deutschkursen.

Jugendinfo Wien
Hier bekommst du mehr Informationen zu Deutschkursen in Wien.

Letztes Update am 08.06.2017